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Die lächelnde Weisheit der Radieschen – Zen Kochkunst im Kino

von Nik zu 9. Mai 2007

zen-kochen.jpgDer Film trägt den programmatischen Titel: How to cook your life. In diesem Film sehen wir einen Zen-Koch bei der Arbeit im Umgang mit seinen Zutaten – den Menschen in den von ihm geleiteten Kochseminaren. Edward Espe Brown, der Koch-Meister, war einst selbst ein Schüler, ein Suchender und fand Halt am Herd fern ab von zu Hause. Der junge Mann wanderte durch die Welt und stand eines Tages vor Sazuki Roshi, dessen Namen er aber damals noch nicht kannte. Dieser sagte zu ihm: „Wasche den Reis. Aber wenn du den Reis wäscht, dann wasche den Reis.“ Da spürte Edward E. Brown etwas Göttliches in sich und er wusch den Reis.

Sazuki Roshi sah es und er sagte: „Verliere nicht ein einziges Korn. Alle sind sie heilig, denn sie alle enthalten Gott.“ Der gelehrige Schüler achtete auf die Worte seines neuen Meisters und wusch den Reis, wenn er den Reis wusch und achtete jedes Korn. Dann nahm er sich eine Möhre, legte sie auf ein Brett aus dunklem Holz, zog sein Messer aus dem Gürtel, dachte an seine verhasste Mutter und schlug wie wild auf die Möhre ein. Da sprach der Meister: „Wenn du Karotten schneidest, dann schneide Karotten.“ Und da besah sich Edward E. Brown die wehrlose Karotte und als er sah, dass sie nichts mit seiner Mutter zu tun hatte, veränderte sich sein Leben. Er legte sie sanft auf die Seite, glitt geschmeidig mit dem dünnen Stahl seines schönen Messers über ihre Flanken und zerlegte sie kunstvoll in kleine dünne Streifen, so das es eine Lust war, die Vollkommenheit der Möhre in ihren einzelnen Teilen zu erblicken.

Edward dankte seinem Meister, denn er hatte eine tiefe Weisheit von ihm gelernt. Seit diesen Tagen, die nun schon weit über vierzig Jahre hinterm Himalaja zurückliegen, weiß der Mann aus dem Mutterland des pappigen Toastbrots in großen Packungen, das man nicht zornig auf die Welt sein muss, um in ihr seinen Platz als Brotback-Meister zu finden.

Fortan zog er durch die Welt und verkündete die tautologische Lehre mit sanfter Stimme. Von Überall strömten ihm Jünger entgegen und er hatte nichts zu tun, als ihnen mit Teig verklebten Fingern zu sagen: „Wenn ihr Brot knetet, dann knetet das Brot!“ Und so stand er an der Spitze einer Gruppe, die sich im Kreis um ihn fügte und alle kneteten das Brot, wobei sie auf sein Geheiß hin spürten, wie die Energie aus dem Teig über ihr Handgelenk in ihrer Körper flutete oder umgekehrt.

Dabei waren ein paar Schüler unachtsam und spielten mit dem göttlichen Teig. Da verfinsterte sich die Miene des gütigen Meisters und er sprach: „Suzuki Roshi sagt: wenn du den Teig knetest, dann knete den Teig, und achtet jeden einzelnen Teigstreifen, denn er hat etwas Göttliches.“ Da aber ein paar Jünger vom zarten Frühling geküsst, sich lieber mit Teig beschmierten, als das Göttliche zu achten, lief das Rot des Zorns in das Gesicht des Meisters. „Wenn ihr nicht auf meine Weisungen achtet, dann werd ich euch verlassen. Denn was soll ich in dieser Küche stehen, wenn ihr nicht demütig das Göttliche in ihr achtet?“ Da wurden die Jünger von artigen Mädchen gestupst und besannen sich auf das vollkommene Leben im hier und jetzt des Teigknetens und übertrugen in stiller Demut ihre Frühlingsgeschwängerten Enzyme auf den göttlichen Teig. Und siehe da, der Meister beruhigte sich und alle Jünger lächelten ihn an. Denn ein wahrer Meister, der muss nicht heilig sein, er kann ruhig mal in Zorn ergrimmen oder – hach – gar ein rechter Wüterich werden. Hauptsache er kann versprechen, dass alles gut wird, solange das Göttliche in ihm geehrt und gepriesen wird.

Schließlich ist das auch der Grund für die Regisseurin, den Meister der fremden Kunst Menschen zu füttern, ohne ihnen zu sagen, was sie essen sollen, mit ihrem Film zu huldigen: „Ich mag das nicht, wenn man mir sagt, wie ich leben, was ich essen soll. Das war der Grund, warum ich Edward Brown mochte. Er ist so ambivalent. Er ist Zen-Priester, aber ganz und gar nicht heilig, und manchmal sogar ein Wüterich. Der Film ist ein Angebot, eine Inspiration, wie man auch leben kann.“ Nämlich als ambivalenter, unheiliger Wüterich mit dem Wissen um eine schön inszenierte Tee-Zeremonie.

Und so sprach der Meister des Reiskorns, der Karotte und des Brotteigs zur Frau, die ihn so lächelnd anhimmelte: „Wenn du einen Film über mich machst, dann mache einen Film über mich.“ Leider hat sie das göttliche Wort erhört und für voll genommen. Denn wenn du einen Film drehst, dann dreh einen Film und das heißt: habe eine Idee, eine Dramaturgie, eine Geschichte, die du erzählen willst. Dörrie aber hat keine Idee, nur ein wenig Klimbim als Abklatsch des Fernostgöttlichen im Kopf: „Es bedrückt mich, dass wir im Überfluss leben und der Rest der Menschheit gar nichts hat. Es bedrückt mich, wenn ich Brot wegwerfe. Es ist kompliziert, eine bessere, gerechte Verteilung zu finden…“ Gemeint ist anscheinend das Problem ihres übervollen Mülleimers, der sich nicht von selbst leeren will. Also beschließt die Frau, einen Mann zu portraitieren, dem nichts anderes gefällt, als sich selbst im Mittelpunkt zu wissen.

So nimmt sie ihn auf, wie er in den Küchen der göttlichen Zentren der Welt seine Seminare abhält. „Wenn du die Suppe umrührst, dann rühre die Suppe um.“ Ihr kommt es darauf an, dieses autoritäre Können, das er so meisterhaft in sanftes Klingeln verkleidet einem breiten Publikum zugänglich zu machen, denn schließlich, so die früher sich emanzipiert gebende Frau im Zeichen des Göttlichen „können wir vielleicht in unserer Küche eine andere Haltung finden.“

Dabei wird sicherlich das Kochbuch des Meisters helfen. Es trägt – wie könnte es anders sein – einen durchaus ambivalenten Titel: “Das Lächeln der Radieschen“ Und so sind wir doch froh über diesen Film, denn er zeigt uns, wie viel lächelnde Weisheit in diesem kleinen roten Knollen mit dem weißen Kern steckt. Wir haben sie bisher gegessen, ohne ihr Lächeln überhaupt nur zu bemerken.

Wei!

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