Die Einsamkeit der Wan-Tans
Es ist erst sieben Jahre her, da brach das ostasiatische Kino in unbekannt neuen melodramatischen Posen über uns Unvorbereitete herein. Im Jahr 2000 wurde Wong Kar-wais Film „In the mood for love“ in Cannes ausgezeichnet. Der Film erhielt neben vielen anderen den deutschen und europäischen Filmpreis. Eine große Ehre für einen Spielfilm, der ursprünglich als reiner Film über das Essen angelegt war.
Besucht man die Internetseite des Films, fällt auch heute noch auf, dass die Restaurants des Films nicht nur einzeln vorgestellt werden, auch die dort verspeiste Menuabfolge wird penibel festgehalten. Wieso aber übt dieser Film eine solche Faszination auf die Zuschauer aus? Selbstredend wurde Christopher Doyle für seine faszinierenden Bilder geehrt, aber letztlich zeigt er lediglich die Dinge, die durch das Essen schon inszeniert werden.
Wir befinden uns im Kahr 1962: Li-Zhen und Chow beziehen am selben Tag gänzlich ohne die Hilfe ihrer jeweiligen Partner aneinander grenzende Zimmer in einem engen Haus. Fast so, als gälte es, die Abwesenheit ihrer Partner zu inszenieren, sieht man sie stets Suppe in einer nahe gelegenen Garküche kaufen. Ganz langsam beschleicht einen das Gefühl der Einsamkeit, denn vielleicht gibt es kein besseres Symbol für die Sehnsucht, als eine Nudelsuppe, abgefüllt in eine Thermoskanne, wenn man weiß, dass sie nicht zum geselligen Verzehr bestimmt ist.
Erst, als die Beiden es wagen, sich anzusprechen, können sie zusammen essen gehen. Und was sind das für Menus, nicht nur opulent in der Ausstattung, sondern auch stets symbolisch aufgeladen. Wann hat man vorher schon mal eine Szene gesehen, in welcher über Kreuz der stets abwesende Partner im wahrsten Sinne des Wortes verschlungen wurde? Es ist ein in ruhigen Bildern aufwühlender Film über die Liebe, gezeigt durch gemeinsames Essen, Trinken und Schreiben, die bestimmenden Themen dieses Melodrams.
Die Protagonisten, beide Fremde in dieser Stadt, werden sich erschreckend nahe kommen und wir wissen, dass sie sich später wieder in ihre Einsamkeit flüchten müssen. Wie sonst könnten sie je ihre Wan-Tans, diesen Inbegriff kulinarischer Zuflucht, in Ruhe genießen?
Santé!