Diplomatie, Liebe, Geld und Weingenuss
Betrachtet man die Aufnahmen von internationalen polischen Ereignissen und sieht die festlichen gedeckten Tische, dann weiß man, dass Diplomatie und Genuss zwei Seiten einer Medaille darstellen. Anscheinend aber geht die Verbindung von politischer Klugheit und der Weisheit des Gaumens tiefer, als man allgemein annimmt. Das Château d´Yquem ist zweifellos eines der berühmtesten Weingüter der Welt und das einzige Weingut, das einen offiziellen Status als Premier Grand Cru Classé Supérieur genießt.
Das Gut liegt in Sauternes, südöstlich von Bordeaux. Im Yquem sieht man nicht nur die Veredelung des Sauternes-Weins, man wählt die einzelnen Trauben einer Lesung aus. So gelangen nur die Trauben mit dem richtigen Reifegrad zur Verarbeitung. Der Wein, wenn denn ein Jahrgang überhaupt für gut genug befunden wird – denn es kann durchaus vorkommen, dass man die Trauben eines Jahrgangs nicht für ausreichend gut befindet und sie an umliegende Weingüter verkauft – wird vier Jahre gereift, bevor er in den Handel gelangt.
Man kann den Jahrgang 2006 vorbestellen, nimmt man 12 Flaschen ab, die man dann in einigen Jahren zugesendet bekommt, zahlt man für die einzelne Flasche zurzeit etwa 350,-€, ohne Mehrwertsteuer, versteht sich. Für Händler mit entsprechender Kundschaft ein lohnendes Geschäft, denn innerhalb weniger Jahre verdoppelt sich der Wert des Weines. Da der Yquem so überaus sorgfältig verarbeitet wird, steht er im Ruf, über Jahrhunderte lagerungsfähig zu sein. Sein Geschmack soll sich durch die Lagerung lediglich verfeinern.
Aus dem 19. Jahrhundert gibt es noch eine relativ große Anzahl an Flaschen, die stets einen interessierten Käufer finden. Aber es gibt, wie bei allen Liebhabergegenständen auch hier natürlich spezielle Erwartungen. Die Flaschen des Yquems aus dem späten 18. Jahrhundert sind mittlerweile ziemlich rar, auch wenn die meisten noch vorhandenen Weine – eine entsprechend fachkundige Lagerung vorausgesetzt – sich in einem deliziösen Zustand befinden sollen. Die Preise für diese Flaschen, die den Geschmack der sonnengereiften Trauben seit über 200 Jahren verfeinern, sind beinahe exorbitant. Beinahe.
Denn schließlich gibt es unter den raren Weinen dieser Zeit ein paar Flaschen mit einer außergewöhnlichen Gravur: Th.J. Diese Flachen tauchten vor etwa zwanzig Jahren in Amerika auf und entfachten auf Auktionen ein wahres Preisfeuerwerk. Denn der damalige Käufer erstand derart große Mengen dieses Weines, dass er darauf bestehen konnte, seine Initialen direkt auf die Flaschen gravieren zu lassen. Der Käufer, der sich um sein eigenes und das Wohl von George Washington kümmerte war kein geringerer als Thomas Jefferson.
Der bekannte Staatstheoretiker und dritte Präsident der USA war 1785-1789 als Diplomat in Frankreich tätig, er verliebte sich anscheinend nicht nur in eine verheiratete Frau, die Ideen der Revolution, sondern auch in einen scheinbar unsterblichen Wein.
Fortsetzung folgt im Diplomatengepäck.
Santé!
Bild: © Deinhard