Kochbuch und Kreativität
Was ist kreativ an einem Kochbuch? Kochbücher – so könnte man meinen – können viel, aber sicher nicht kreativ sein. Denn immerhin geht es doch letztlich ums Kochen und da sind wir direkt beim Punkt. Denn was, wenn nicht das Kochen bietet mehr Möglichkeiten, täglich der Eintönigkeit von grauen Saucen und welkem Gemüse zu entfliehen. Kochbücher sind von Natur aus kreativ.
Die Gastronomische Akademie Deutschlands (GAD) verleiht nun schon seit 41 Jahren Preise für hervorragende Kochbücher. Im Rahmen der Frankfurter Buchmesse werden die Preise an Verlage und Autoren übergeben. In diesem Jahr wurden insgesamt 53 Titel ausgezeichnet, darunter eines mit dem Kreativ Preis der GAD. Gerade die Vielzahl der prämierten Bücher lässt die Frage aufkommen: Was ist das Kochbuch eigentlich? Was zeichnet es aus? Und was gilt als besonders Kreativ in diesem Bereich.
Hier kommt der Jury des Literarischen Wettbewerbs der GAD, die in ihren Sitzungen die eingesendeten Kochbücher sichtet, vergleicht und bespricht, besondere Bedeutung zu. Denn immerhin entscheidet der erlesene Kreis der Jurymitglieder mit der Verleihung der Auszeichnungen darüber, welche Kriterien an Kochbücher angelegt werden. Hierbei zeigt die Entwicklung der letzten Jahre, dass es immer hochwertigere Kochbücher und informative Genussbücher auf dem deutschen Büchermarkt zu verzeichnen gibt.
In diesem Jahr wurde mir die dankenswerte Aufgabe übertragen, im Rahmen der Preisverleihung einige Bemerkungen über das Kochbuch an sich und die Bedeutung der Kreativität zu machen. Bei näherer Betrachtung ist es gar nicht so einfach zu sagen, was das Kochbuch an sich ist.
Will man eine grundlegende Klärung, so muss man einen Vergleich zur Verdeutlichung bemühen. Das Leben – biologisch betrachtet – beginnt mit dem Wasser. Betrachtet man das Leben kulturell, so beginnt es mit dem Feuer. Denn erst durch das Garen der Nahrung, wurde der Mensch in die Lage versetzt, Grundnahrungsmittel zu kultivieren. Sein Kauapparat verkleinerte sich und er konnte eine differenzierte Sprache entwickeln.
Mit dem Kochen kam die Sprache erst in die Welt. Kochbücher sind also grundlegende Anzeiger der kulturellen Entwicklung einer Gesellschaft und zugleich verweisen sie auf die technischen Möglichkeiten. Mit Beginn des Buchdrucks wurden Kochbüchern zu Bestsellern. Das erste gedruckte deutschsprachige Kochbuch wurde ein solcher Hit, dass man die erste Seite dieses Buches heute noch kennt. Das Buch beginnt mit den Zeilen: „Wer will guten Kuchen backen, der muss haben sieben Sachen…“
Schon in dieser Zeit setzten die Kochbücher gesellschaftliche Normen: welche Gewürze finden Verwendung, welche Tiere kommen auf den Tisch, wie findet ihre Zubereitung statt. So waren Kochbücher stets mehr, als man für gewöhnlich annimmt: eine bloße Sammlung von Rezepten.
Mittlerweile sind Kochbücher darüber hinaus zu ästhetischen Produkten avanciert. Man blättert sie gerne durch, lässt sich von ihnen und den Geschichten, die sie erzählen, anregen. Eines der interessantesten Kochbücher, die dieses Jahr erschienen sind, ist von der Jury mit dem Kreativ-Sonderpreis bedacht worden: Genie Essen
An dieser Stelle gilt der Jury des Literarischen Wettbewerbs ein doppeltes Lob: zum einen wegen ihrer zielsicheren und wohlüberlegten Preisverleihung. Zum anderen, da sie mit dem Kreativ-Sonderpreis hervorhebt, dass Neuerungen im Kochbuchbereich nicht nur notwendig sind, sie sind auch erwünscht und preiswürdig.
Santé!
Foto: Peter Figge
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