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Das haben wir uns verdient!

von Nik zu 1. April 2009

Die Zahl der Kochsendungen im Fernsehen ist inflationär. Selbstredend füllen Koche in der Spannbreite von blutiger Anfänger bis abgebrühter Profi auch die Internetportale und bruzzeln, panieren und persiflieren was das Zeug hält. Schön, wenn da ein Mann, versehen mit den Utensilien Ausstellungsküche und Kochkluft, einmal der Menschen in der 3. Welt gedenkt.

Während dieser Mann sein Bananencreme-Chilli-Schokoladenpastetchen auf den Dessertteller drapiert bedankt er sich – so viel Zeit muss sein – bei den armen Menschen, deren Lebenszeit begrenzt ist, da sie den intensiven Einsatz der Pflanzenschutzmittel mit der Gesundheit bezahlen. So sterben viele der „kleinen Racker“ in Nicaragua, damit wir herrlich frische Tropenfrüchte auf unseren Dessertteller bekommen. „Jetzt aber Spaß beiseite“ hebt der Mann in bekannten Fernsehunterhaltungsjargon an und fährt mit gutmütigsten Gesichtsausdruck fort: „Wo schon so wenig Geld da unten hängen bleibt, kann man sie wenigstens a bissl loben, gell.

Und während das Ganze auskühlt, machen Sie es wie ich und heben sie das Glas zum Dank an all jene Menschen, auf der anderen Seite der Erde, die mit dem Geld und dem Essen ein wenig zurückstecken, dafür aber die Grundlage schaffen für unser wunderbares Bananencreme-Chillie-Schokoladenpastetchen.

Während der Mann sein Glas erhebt schaut er mit einem solchen Gewinnerlächeln in die Kamera, dass man annimmt, er meine alles tatsächlich und wirklich ernst. So einfach funktioniert eine gelungene Persiflage: man nehme eine professionelle Requisite, einen Text der den Finger in die Wunde legt, dabei in einem ganz normalen Tonfall vorgetragen wird, so dass die Hirnlosigkeiten der sonstigen Küchentalks wunderbar mit den bösartigen Allerweiltsweisheiten, die hier zum Besten gegeben werden korrespondieren können.

Zur Sicherheit lege man noch eine Fake-Fährte: ein Nachtisch, in dem nichts anderes vorkommt, als 3. Welterzeugnisse ist zwar nicht ungewöhnlich, aber in dieser Chili-Kakao-Bananenkomponente, zumal wenn die Banane als frisch angepriesen wird doch zu auffällig, wenn auch erst bei eingehender Betrachtung. Es ist der Stil, nah am Format angesiedelt, dessen zynisch-sarkastischer Inhalt aber in einer wunderbaren Weichsprechblase vorgetragen wird, in der man noch nicht mal den unbedingten Harmonie-Rechthaberanspruch des Redners direkt bemerken mag, der an große Satire erinnert.

Der Film wurde von Studenten der Münchener Hochschule für Film- und Fernsehen produziert. Die Aufnahmen entstanden in einem Kochstudio des Bayerischen Rundfunks. Würde das Video unter YouTube nicht mit der Überschrift „Skandal in TV-Kochshow“ beworben, vielen Betrachtern würden die Message wörtlich nehmen. Betrachtet man die dazugehörigen Kommentare, dann merkt man, wie sehr hier in den Foren noch darüber gestritten wird, ob dieser Beitrag echt ist, oder eben für eine gänzlich andere Aussage steht.

Damit hat dieser kleine, preisgekrönte Spot das erreicht, wofür man sonst teure Werbekampagnen starten müsste. Ich rede hier nicht von dem angeblichen Hinweis auf die Ausbeutung der 3. Welt, der Spot steht vielmehr als Kritik am Hohlsprech so mancher Küchen-Talksendung.

Aber was rede ich, schauen Sie sich den Spot selber an. Es handelt sich um ein Stück bester Unterhaltung. Nicht zu Unrecht erhebt der Fernsehkoch zum Ende sein Weinglas und prostet seinen Zuschauern zu: „Das haben wir uns verdient.“

Santé!

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