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Die Qual des Wals

von Nik zu 4. August 2010

suze/photocasecomWer einmal Moby Dick gelesen hat, der weiß, wie unglaublich hart der Job als Waljäger ist. Man zieht den Walen unablässig hinterher und begibt sich dabei nicht nur in schwierige Gewässer, sondern ebenso oft auch in Gefahr. Dazu scheint es, als würde das Abschlachten der erhabensten und mit abstand größten Tiere dieser Erde zu einer argen Betrübnis führen. Nicht nur Käpte`n Ahab, der mit seinen Rachegelüsten alle Vorzüge eines menschlichen Lebens negierte und den Sinn seines eigenen Daseins nur darin sehen wollte den legendären weißen Wal zu jagen, sondern auch die überwiegende Zahl seiner Crewmitglieder geben sich ihren Mordgelüsten ganz und gar hin und finden letztlich ihr nasses Grab im Meer.

Mittlerweile ist die Waljagd weniger sportlich, denn Menschen müssen bei Ausübung dieser blutigsten aller Mordarten nicht mehr um das eigene Leben fürchten. Man fährt einfach mit einem riesigen Walfangschiff hinaus aufs Meer und tötet einfach so viele Wale, wie es Natur und Fassungsvermögen des Schiffes zulassen.

Weshalb aber tötet man Wale? Zu Melvilles Zeiten in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der Walfang immerhin noch einen Sinn: man benötigte den Tran des Wales, um nicht im Dunkeln zu sitzen. Denn Wachs für Kerzen war derart unerschwinglich, dass man stets sparsam mit dieser Lichtquelle umgehen musste. Petroleum und Strom lagen noch in weiter Ferne und das Fett des Wals wurde zum Brennstoff des aufziehenden Industriezeitalters.

Auch gab es immer wieder Notsituationen, in denen man dem Hunger durch einen harpunierten Wal begegnen konnte. Schließlich kann man mit einem Blauwal, der mehr als 200 Tonnen auf die Waage bringt, etwa 140 Tonnen Fleisch und Speck gewinnen. So gibt es in Japan noch viele alte Menschen, die sich daran erinnern können, dass sie in den Jahren nach dem Krieg Walfleisch aßen, da es damals die einzige Möglichkeit für sie bedeutete, sich satt essen zu können. Nicht zufällig verbindet sich diese Kindheitserinnerung mit einer Notsituation: gerade alte Menschen lehnen den Genuss von Walfleisch ab.

Wenn also die Regierung Japans den Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken – ein Euphemismus für den staatlich stark subventionierten kommerziellen Walfang – fördert, dann hat dies nicht – wie von Japanischer Seite gerne behauptet – in erster Linie mit der Beibehaltung einer kulinarischen Tradition zu tun, sondern mit der Beibehaltung eines Industriezweiges als nationale Identitätsfigur.

Diese nationale Starrköpfigkeit – die nicht zufällig an den Kapitän Ahab erinnert – führt zur Tötung von mehr als 500 Walen auch in Walschutzgebieten jährlich. Es wäre schön, wenn Japan andere Symbole der nationalen Identitätsstiftung finden würde: Soja, grüner Tee, Reis oder gerne auch Sake. Allesamt wären sie eine sympathische Bewerbung der japanischen Kultur.

Santé!

Photo: suze/photocase.com

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