Zum Inhalt

Weshalb wird Puschkin mit 37,5% vol. ausgezeichnet?

von Nik zu 13. Juni 2007

alexander-pushkin.jpgHeute Abend trinke ich nichts. Das ist schon mal sicher, so wahr ich hier schreibe. Die Verbindung zwischen verkaterten und berauschten Schreiben ist mindestens so alt wie die Schriftkunst, die ihrerseits sehr wahrscheinlich nicht ohne den Genuss geistiger Getränke entwickelt worden ist.

Sehr oft verweist die Literatur direkt aufs Getränk. Wenn etwa Haruki Murakami seinen Protagonisten eine Jazz-Platte auflegen und dazu einen Whiskey trinken lässt, dann kann er einige Romanseiten später fest darauf bauen, einen Großteil seiner Leserschaft an die Musikanlage und ans Glas geführt zu haben. Denn die einzelnen Töne der Musik fügen sich in die gleichmäßigen Töne der Einsamkeit, die Trost im Leben des brennenden Wassers findet. Im Falle des Wassers weist das Getränk auf die Literatur: Wie anders, als mit Wodka wäre die russische Literatur denkbar? Und natürlich hat niemand die Frage gestellt, warum ein Romancier zum Namensgeber eines der bekanntesten Wässerchen wurde.

Es scheint einfach in der Natur der trinkend schreibenden russischen Seele zu liegen. Puschkin ist mittlerweile eine derart bekannte Wodka-Marke, dass man nicht sie, sondern ihren Namensgebenden Literaten bekannt machen muss.

Alexander Puschkin, geboren 1799 in Moskau, stirbt keine 40 Jahre später in St. Petersburg an den Folgen eines Duells mit einem französischen Offizier. Trotz seiner verkürzten Lebensspanne, hinterlässt er ein umfangreiches schriftstellerisches Werk. Nach dem Sieg über Napoleon wird er in Russland zu dem literarischen Klassiker schlechthin.

In einer seiner Erzählungen lässt er einen Postmeister seine Geschichte erzählen. Natürlich ist der Erzähler hinter dem Erzähler Puschkin ein verschwindender Vermittler, also jemand, der beruflich dafür sorgt, dass die Geschichten und Nachrichten ihren Adressaten – in diesem Falle also keinen anderen als Puschkin oder den Leser selbst – finden.

Die Erzählung hebt an, nach dem der Postmeister dem Punsch ordentlich zugesprochen hat. Schließlich ist es eine erhabene Geschichte, die eine gelöste Zunge benötigt. Es ist die Geschichte einer großen Liebe und sie endet unweigerlich im Rausch des Erzählers, der sich und seiner geschundenen russischen Seele alsbald die Ruhe im Delirium gönnt.

Selbstredend erweist der Wodka seinem Namensgeber bis heute eine weitere Referenz: Wenn man wissen möchte wie alt Puschkin genau geworden ist, muss man nur auf das Etikett der Flasche schauen, die das Alter des Literaten leicht verschlüsselt in Volumenprozent exakt ausdrückt:

37,5.

Nastrowje!

  • del.icio.us
  • Facebook
  • Yahoo! Buzz
  • Google Bookmarks
  • MisterWong.DE
  • Technorati
  • Twitter