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Leidenschaftlicher Luxus

von Nik zu 17. August 2011

In Zeiten globaler Weltwirtschaftskrisen wird die Angst vor einem finanziellen Kollaps gerne durch das Gegenbild, die Lust an der Verschwendung gebrochen. So wie Reichtum und Armut sind Krise und Verschwendung untrennbar zwei Seiten derselben Medaille.

So wie jedoch die Krise gleich einer Kur eine heilende Wirkung darstellen und zu neuem Aufschwung führen kann, kann der Luxus die Grundlage für viele kulturelle Errungenschaften darstellen. Wenn sich ein Museum dem Phänomen Luxus nähert, so darf man annehmen, dass die Kuratoren auch auf krisenhafte Tendenzen der Gegenwart hinweisen wollen.

Das Getty Museum in Los Angeles hat gerade einen solchen Versuch abgeschlossen. Mit der Ausstellung Luxus hat man gezeigt, wie lohnenswert ein Blick zurück in die Vergangenheit sein kann. Die Ausstellung wendet sich dem Leben im Paris des 18. Jahrhunderts zu und entwirft nicht nur ein Panorama dieser Zeit, sondern liefert erstaunliche Details im Hinblick auf die Gegenwart.

Das Rokoko, bisher hauptsächlich Inbegriff der Dekadenz und des aristokratischen Müßigganges, entfaltete mit seinem zur Schau gestellten Luxus auch gänzlich andere Vorzüge. Denn wie sollte man die Anhäufung von zugleich wertvollen und im Alltag eher unnützen Gegenständen mit der vom Zeitgeist geforderten Tugendhaftigkeit in Einklang bringen? Das Problem wird durch den Geschmack gelöst. Denn erst, wenn man sich kultiviert, seinen Geschmack ausgebieldet hat, kann man dem Luxus in ein Gewandt der Tugendhaftigkeit einbinden. Dabei machte der Luxus nicht einfach bei der Ausstattung der Räume oder Betten, der Salons oder des Boudoirs halt, sondern er zeigte sich ebenfalls in der üppigen Gestaltung von Gastmählern.

Weniger bekannt hingegen ist, dass sich der Geschmack selbst den Luxus gönnte, die freie Meinungsäußerung zu etablieren und damit der Wissenschaft einen ungeahnten Schub gab. Denn schließlich wurde nicht nur das ridicule Spiel mit leeren Wortfechtereien wie etwa am königlichen Hof von Versailles gepflegt. Man wollte seinen Geschmack fundieren und benötigte neben der Kunst die Wissenschaft um seine Bildung zur Geltung bringen zu können.

Der Luxus bestand nicht nur in der Anschaffung von aufwändig gestalteten wissenschaftlichen Geräten, wie einem Teleskop oder einem Globus, sondern vor allem darin, diese Geräte formvollendet verstehen und zu können und die so gewonnen Erkenntnisse zu interpretieren.

Grundlegend war hierbei der Austausch der kulturellen Neuerungen oder Errungenschaften, welcher vor allem bei Tisch gepflegt wurde. Insofern konnte man die gereichten Getränke auch im doppelten Sinne als „geistige“ bezeichnen.

Santé!

 

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