Ferran Adrià lobt Burger-Giganten
Wäre es nicht so abgeschmackt, man würde I – wie Ikarus sagen wollen, denn schließlich erlebt man anscheinend auch als Spitzengastronom einen schlimmen Absturz, wenn man jegliche Bodenhaftung verliert und der Sonne – oder aber dem Burgerimperium – zu nahe kommt.
Vielleicht kommt die Molekulare Küche doch auf den Hund. Zumindest ihr bekanntester Protagonist Ferran Adrià, der seit Jahren mit seinem Restaurant El Bulli bislang in der Gourmetszene unbekannte Erfolge feiern konnte, lässt sich nun auf einen lobenden Vergleich zu McDonalds ein.
Normalerweise haben Gastrokritiker eine Menge zu tun, wenn sie sich auf das Experiment eines fünf Stunden Menus beim großen Erneuerer der Küche einlassen. Viele müssen dieses Experiment unterbrechen, da sie schon nach dem 20. Gang einen sensorischen Overkill verzeichnen und ihren Geschmacksknospen erst einmal eine verdiente Auszeit genehmigen müssen.
Nun aber lässt sich der Mann, der die Küche revolutioniert hat, anlässlich der Präsentation seines neuen Buches in überraschenden Tönen vernehmen: Selbst er könne keine besseren Burger machen als McDonalds, zumindest nicht zum selben Preis. Selbst wenn der Burger Gigant die 10 besten Köche der Welt engagieren würde, könnten diese die McDonalds Burger beim selben Preis nicht besser anbieten.
Damit erweist der Spitzengastronom jeglicher kulinarischer Aufklärung einen Bärendienst. Schließlich sind es die Burger Ketten, die vom realen Produkt Abstand genommen haben. Sie gewöhnen ihre Kundschaft schon von Kindesbeinen an ihre mit künstlichen Aromen stets gleich fad überwürzt schmeckenden Produkte zwischen Pappbrötchen. Jegliche Kochkunst bleibt vor den Türen der Bräterfabriken stehen. Hier sind nicht Textur und Eigengeschmack, sondern Fett, Zucker, Haltbarkeit und Geschmacksverstärker gefragt.
Dass ein Koch angibt, keine besseren Burger fabrizieren zu können, heißt eindeutig, dass er die Bodenhaftung verloren hat. Das Adrià den Preis ins Spiel bringt zeigt zugleich, dass er den Burger als kulinarische Errungenschaft ansieht, die gleichwohl nach einem Koch verlangt. Hier aber in den Tenor des Burger Giganten einzufallen und die kulinarische Unbedenklichkeit des Produkts scheinbar hervorzuheben, ist ein Skandal.
Natürlich muss man sich darüber unterhalten können, wie man zu einem vernünftigen Preis gutes Essen anbieten kann, aber hierbei die Qualität per Definition auf der Strecke zu lassen ist nicht nur für einen Koch der Spitzengastronomie unverantwortlich. Adria gibt an, dass er erst drei Mal in seinem gesamten Leben bei McDonalds war. Vielleicht sollte er bald mal in den Laden gehen und einen Burger aufklappen und beschnuppern, bevor er ihn molekular zu zersetzen trachtet.
Es ist schlichtweg dumm zu behaupten, ein Essen bei McDonalds wäre preislich unschlagbar. Selbstverständlich kann man mit dem selben Geldeinsatz, den ein Besuch eines Fast Food Restaurants für eine durchschnittliche vierköpfige Familie verbucht ein wesentlich besseres und geschmacklich abwechslungsreicheres Essen zubereiten. Diesen Zusammenhang auszublenden und auf die Argumentationslinie des Burger-Riesens einzuschwenken ist vielleicht das enttäuschenste Moment in den Äußerungen des Star Kochs, der es offensichtlich nicht mehr versteht, die Kosten für ein Essen einer durchschnittlichen Familie zu kalkulieren.
Schließlich sollten innovative Momente der Spitzengastronomie auf lange Sicht nicht einem Spezialzirkel von Gastronomen und Spitzenverdienern vorbehalten sein, sondern den Alltag des Kochens bereichern. Diesen Grundsatz außer Acht zu lassen und statt dessen zu fordern, dass die armen Massen doch besser gleich in den Fast Food Laden pilgern sollen, da sie für ihr Geld nichts besseres bekommen können ist ein Hohn und spricht der Idee des Essens jeglichen kulinarischen Wert ab.
Darauf erst mal einen Esplendido – einen doppelten.
Santé!