In Vino Veritas
Die Wahrheit liegt im Wein. Eine Weisheit, die nicht nur für den All- oder Feiertag gilt, sondern besonders auch für Kunstwerke. Denn schließlich öffnet der Wein nicht nur die Zunge, er entfaltet seine Geheimnisse erst, wenn man die Möglichkeit hat, ihn genauer zu studieren –nicht nur mit der Zunge, oder der Nase, sondern auch mit den Augen. Beim Wein ist es wichtig, unter seine Oberfläche zu blicken.
Erst kürzlich wurde mit Hilfe der „Multispektral-Reflektografie“ in einem Gemälde des Frühbarocks eine Aufsehen erregende Entdeckung gemacht. Denn diese neuartige Methode ermöglicht es mit Hilfe einer feinoptischen Kamera und spezieller Lasertechnik hinter die äußeren Farbschichten eines Gemäldes zu schauen. So können überpinselte Details des Originals wieder zum Vorschein gelangen – oder wie im hier vorliegenden Fall – überhaupt erst ins Auge des Betrachters springen.
In einem Gemälde des italienischen Meisters Michelangelo Merisi – nach seinem Herkunftsort als Caravaggio genannt – wurde auf diese Weise das Selbstbildnis des Malers entdeckt. Caravaggio der auf Grund des ausgeprägten Realismus seiner Bilder berühmt wurde, spielte mit den Blicken der Betrachter. Denn wie sich jetzt herausstellte, sind seine Meisterwerke realistischer, als man bisher mit bloßem Auge erkennen konnte.
Eine sensationelle Erkenntnis. Denn schließlich lieferte der Maler nicht nur ein realistisches Abbild seiner Figuren: Caravaggio verewigte sich selber in einem Bacchus Gemälde. Während der lebensfrohe Gott seinen Pokal erhebt, um den Betrachter zuzuprosten, kann man am linken unteren Bildrand den Meister selbst erkennen.
In der Spiegelung der Weinkarraffe, des 1596 entstandenen Bildes, kann man den Meister – hinter seiner Staffelei versteckt – sehen. Damit ist dieses lebensfrohe Bild eine Nuance realistischer, als wir bisher mit bloßem Augen zu sehen vermochten. Ein Schelm, der Arges dabei denkt. Nun wird man Caravaggio anlässlich seines 400. Todestages am 18. Juli diesen Jahres beherzt zuprosten können.
Santé!