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Süt – Milch Ein Filmereignis

von Nik zu 13. Januar 2010

Milch ist sicherlich das Symbol für kulturelles Leben. Wasser beschreibt das Symbol des biologischen Lebens, während die Milch neben dem nährenden Getränk die Notwendigkeit sozialer Fürsorge für ein Baby darstellt. Ohne Milch würde kein Mensch heranwachsen können, denn mit Milch ist nicht nur die Nahrung gemeint, sondern vielmehr noch die zwischenmenschlichen Beziehungen die durch sie vermittelt werden.

Nicht umsonst war das Glas Milch für Hitchcock immer wieder ein Symbol für Gefahr. Denn das Vertraute beherbergt nur allzu oft das Unheimliche. So ist es auch kein Wunder, dass „Süt-Milch“ mit dieser Ambivalenz spielt, wenn er in der ersten Einstellung direkt das Archaische und das Heilsbringende der Milch in Szene setzt.

Eine Frau wird an den Füßen gebunden, an einem Baum hochgezogen. Unter ihrem Kopf wird ein Feuer entfacht. Auf dem Feuer wird ein Kessel mit Milch zum Kochen gebracht. Dann geschieht etwas eigenartiges und wir merken, dass hier unsere eigenen Vorurteile auf die Leinwand produziert werden. Sahen wir bisher nur unsere Vorurteile gegenüber der Türkei, so kommt nun etwas Wundersames hinzu, denn die Prozedur dient nicht der Marter der Frau, als vielmehr ihrer Heilung. Sie soll von Dämonen befreit werden und kaum beginnt die Milch zu dampfen, tritt aus dem Mund der Frau eine Schlange hervor.

Schon hat uns der Film in seinen Bann gezogen und er erzählt uns eine Geschichte von Yusuf und den Schwierigkeiten eines intellektuellen Heranwachsenden in der türkischen Provinz.

Der Film steckt voller ironischer Details. Nicht umsonst hängt im Zimmer des verkannten Schriftstellers Yusuf ein Portrait von Rimbaud und man darf sich vorstellen, welchen Spaß es dem Regisseur bereitet haben muss, uns seinen Schlangecocktail zu Beginn zu servieren.

Mit Süt legt der 1963 in Izmir geborene Semih Kaplanoglu den 2. Teil seiner Yusuf-Trilogie vor. Der Regissseur verwebt dabei archaische Bilder mit Vorstellungen der Moderne. Kontrastiert grundlegende menschliche Bedürfnisse mit den Anforderungen des Erwerbslebens, die Freiheit des Geistes mit der Notwenigkeit der sozialen Einbettung. Zugleich entsteht in seinem Film eine Parabel über den Begriff der Mutter und der Beziehung zwischen Weiblichkeit, Tradition und Gegenwart.

Süt – ein ruhiger Film, der einen aufgewühlt aus dem Kinosaal entlässt.

Süt ist ein Film-Ereignis. Nicht weniger.

Santé!

Süt-Milch. Regie: Semih Kaplanoglu. Mit Melih Selcuk; Basak Köklükaya u.a. 102 Minuten ab 14. Januar im Kino

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