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Kultur beginnt mit dem Kochen

von Nik zu 18. August 2010

wrangham1Als ich vor zwei Jahren auf der Frankfurter Buchmesse einen Vortrag hielt, stellte ich die These auf, dass biologisch gesehen das Leben mit dem Wasser beginnt, kulturell jedoch mit dem Feuer. Denn erst durch das Feuer, konnten Lebensmittel, die bis dahin für den Menschen ungenießbar waren, verdaulich zubereitet werden. Auch wurde die Menschheit in die Lage versetzt, eine differenzierte Sprache zu auszubilden, da sich der Kauapperat zugunsten des Sprechapparates verkleinerte. „Das Kochen“ so meine These mit Blick auf die Entwicklung der Sprache durch das Kochen und in Hinsicht auf die kulturelle Entwicklung der Sprache, „ist der Grund des Buches.

Nun erhält diese These ausgerechnet von einem Biologen fundamentale Unterstützung. Richard Wrangham hat ein spannendes und ein sehr folgenreiches Buch geschrieben, wenn man überlegt, was seine Thesen für die menschliche Evolutionsgeschichte bedeuten. Denn er weist nach, dass die Menschen nur deshalb gegenüber anderen Primaten in der Evolutionsgeschichte überlegen sein konnten, da sie lernten, ihre Nahrung mit Hilfe des Feuers verdaulich zuzubereiten.

Wrangham, Professor für biologische Anthropologie in Harvard spürt die Wurzel seiner These in den Schriften Darwins auf, denn dieser verweist schon – beinahe wie unbewusst – auf den Zusammenhang von Kochen und Sprechen, wenn er diese Errungenschaften in einem Atemzug als die zentralen der Menschheit nennt.

Wrangham geht dieser These nach und stellt fest, dass die Menschen nicht nur – im Vergleich zu anderen Primaten – über einen erstaunlich kleinen Mund als Eingang des Verdauungssystems verfügen, sondern dass sie einen vergleichsweise sehr kleinen Magen und ein kurzes Darmsystem aufweisen. Gekoppelt mit dem Umstand, dass der Mensch aufgrund einer genetischen Veränderung über ein relativ kleines Gebiss verfügt ergibt sich für den Autor ein Zusammenspiel, welches den entscheidenden evolutionären Vorteil des Menschen markiert.

Durch das Kochen wird das Essen besser verwertbar. Heutige Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln, Weizen und Reis, können überhaupt erst konsumiert werden, wenn sie gekocht sind. Die Denaturalisierung von tierischen Proteinen dient zur besseren Verwertbarkeit für den menschlichen Organismus. Die Verwendung des Feuers diente zudem dazu, sich auf dem Boden sicher zu fühlen und nicht mehr – wie die meisten Affen – ein Schlafnest in den Bäumen errichten zu müssen.

Wrangham geht daher davon aus, dass die Verwendung des Feuers weit länger als bisher angenommen, nicht erst seit 200.000 Jahren bekannt ist, sondern schon seit der Zeit des homo erectus, also aus einer Zeit datiert, die mehr als 1,5 Millionen Jahre zurückreicht. Denn hier zeigen sich alle anatomischen Veränderungen auf, die eine regelmäßige Verwendung gekochter Nahrung nahe legen.

Das Kochen, so zeigt dieses Buch allemal, ist nichts weniger als der Grund des Menschen.

Santé!

Richard Wrangham: Feuer Fangen. Wie uns das Kochen zum Menschen machte – eine neue Theorie der menschlichen Evolution. DVA München 2009, ISBN 978-3-421-04399-3, 304 S., geb., 22,95€

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2 Kommentare
  1. rey permalink

    Völlig richtig.
    Ich verbute auch, dass der Mensch mehr Zeit bekam, da man mit dem Kochen Lebensmittel auch haltbarer machen kann. Daher konnte er sich wohl auch mit anderen Dingen beschäftigen, als der Nahrungssuche.

    Rey

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