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Bierarchäologie

von Nik zu 6. Juli 2011

Über Jahrhunderte galt Bier in weiten Teilen der Welt als Grundnahrungsmittel. Die Sumerer verbrauchten große Teile ihres Getreideanbaus zur Bierherstellung. Seefahrende Völker nutzten das länger haltbare Bier als Nahrungsquelle auf den Schiffen und noch die kräuterheilkundige Hildegard von Bingen zog den Genuss von Bier dem von Wasser vor. Kein Wunder: im Mittelalter wurde Bier vor allen Dingen gebraut, um den Durst auf gesunde Art zu löschen. So kam es, dass auch Kinder mehrere Liter dieses Getränks täglich zu sich nahmen.

Für eine typische englische Familie in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts – zu einer Zeit, in der sich der Genuss von Kaffee allmählich ausbreitet – stellt Wolfgang Schivelbusch in seinem grundlegenden Werk zur Geschichte der Genussmittel fest – beträgt der pro Kopf Verbrauch an Bier 3 Liter täglich, die Kinder sind hierbei eingeschlossen. „Das Bierbrauen gehört in dieser Zeit – obwohl es auch schon große Brauereien gibt – noch zur Hauswirtschaft wie das Brotbacken und das Schlachten. Es liegt in der Obhut der Hausfrau.

Da die Zubereitung und der Genuss von Bier eine zentrale Rolle im Mittelalter aber auch in der Antike spielte, möchte man gerne wissen, was sich im Laufe der Zeit bei der Bierzubereitung geändert hat. Das amerikanische Smithsonian Magazin berichtete über eine erstaunliche Geschichte: Im Dogfish Head, einem Pub mit angeschlossener Brauerei wartet der Besitzer Sam Calagione auf den Archäologen Patrick McGovern. Denn dieser soll ein Bier probieren, welches Calagione nach einem alten ägyptischen Rezept gebraut hat. Midas Touch, so der Name des Bieres, das durch Grabbeigaben des König Midas inspiriert wurde, hat schon jede Menge Preise gewonnen. Nun soll McGovern diese experimentelle Archäologie testen, um durch die Erfrischung sein theoretisches Wissen praktisch werden zu lassen. McGovern ist ein Fachmann in Sachen alter Getränke. Er hat zahlreiche Artikel zu diesem Thema verfasst und unter anderem das älteste Bier der Welt – gefunden im Iran, es stammt aus dem Jahr 3.400 vor Christus – identifiziert.

Das Bier, welches er nun probiert schmeckt ihm sehr gut, doch auf die Frage, welches Getränk ihn bisher am meisten beeindruckt hat, sinniert der 66 Jährige, dann fällt es ihm ein: ein Riesling von der Mosel aus dem Jahr 1971. Als er diese Flasche gemeinsam mit seiner Frau trank, hatte der Wein etwas von Ambrosia, so der analytische Fachmann ganz metaphorisch.

Santé!

 

Wolfgang Schivelbusch: Das Paradies, der Geschmack und die Vernunft. Eine Geschichte der Genussmittel. Fischer, Frankfurt/Main 2005

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