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Zaubertrank

von Nik zu 22. Oktober 2007

Vielleicht wird eines Tages die Geschichte der berühmtesten Comicfigur Europas noch einmal neu geschrieben. Und vielleicht wird es diese Geschichte sein, welche der realen Erzählung und der ihr eingeschriebenen Mythologie am nächsten kommt. Es gibt unzählige Studien zu den Asterix-Comix. Man prüft historische Gegebenheiten, reale Figuren und ihre Aussprüche. Es liegt sogar eine soziologische Untersuchung der Dorfgemeinschaft vor. Verblüffender Weise aber meiden alle diese Untersuchungen den zentralen Punkt des kleinen gallischen Dorfes, dieses unscheinbare Etwas, das selbst scheinbar nichts darstellt, allerdings die gesamten Geschichten erst ermöglicht. Schauen wir noch einmal genauer über diesen Rand und werfen einen Blick in das Innere des Kochtopfs.

Außen flackert ein hungriges Feuer. Innen brodelt etwas eine gute Weile vor sich hin. Der Druide ist trotz intensiver Vorbereitung stets noch ausgiebig damit beschäftigt, den Trank zuzubereiten. Es stellt sich unweigerlich die Frage, deren Antwort nur von Druidenmund zu Druidenohr gegeben werden darf: Was ist in dem Topf? Was verbirgt sich hinter der sagenhaften Beschreibung „Zaubertrank“?

Wie jeder große Koch ist auch Miraculix in den Farben der Trikolore gewandet und wie jeder Meister seines Fachs versteht er sich auf seine mise en place: er trägt seine geheimen Zutaten stets bei sich und benötigt lediglich ein Feuer und einen Kessel, ein pot au feu um seine magischen Eigenschaften im Topf zusammenzubringen.

Ein Mal, ein einziges Mal werden wir Zeugen einer groß angelegten Scharlatanerie. Wir sind zu Gast in einem kleinen Dorf, das umzingelt ist von feindlichen römischen Legionen und das den Eindringlingen erbitterten Widerstand leistet. Die Struktur ist so atemberaubend parallel zu der des Dorfes in der Bretagne gestrickt, dass man sicherlich nicht ohne Grund Rückschlüsse auf das Kesselinnere ziehen darf. Und natürlich ist es eine Kochgeschichte die in den Episoden stets neu durchdekliniert wird: schon die erste Erzählung kommt nicht ohne exotische Zutaten aus: Wo soll man mitten im Winter bloß Erdbeeren her bekommen, wir befinden uns schließlich in der Antike. Aber auch in den anderen Geschichten treffen sich die Figuren und tauschen sich über Kochgeheimnisse aus: Ich koche alles in Olivenöl Hombre! In der Schweiz, die so flach wie ein Tischtuch ist, sitzt man gerne in einem Loch und ist Löcher. Wie macht man Wildschwein a la creme? Schmeckt ein korsischer Sippenältester wohl anders als ein korsisches Wildschwein? Das britische Wildschwein wird gekocht und dann noch einmal mit Pfefferminzsoße getötet.

Die gallischen Spezialitäten werden nicht nur gesammelt, sie stellen den kulinarischen Triumph über die Römer dar. An dieser Stelle möchte ich gar nicht vom Seher, oder den Lorbeeren des Cäsars reden, um auch von Gutemines Sößchen lieber zu schweigen. Dieses Sößchen von Gutemine, so ein leckeres mit Zwiebelchen und Speck, mit der man auch Hinkelsteine essen könnte. Denken wir lieber an die Spezialitäten im alten Rom, an den Kuchen für Cleopatra, oder aber an den korsischen Käse. Bleibt nur noch die Rotweinprobe, aber das ist wieder eine andere Geschichte, die natürlich auch, wie alle anderen mit einem Festgelage beschlossen wird. Einmal erfahren wir, was den Männern Mut und Kampfkraft verleiht. Einmal kommen keine mit einer goldenen Sichel geschnittenen Misteln in den Zaubertrank und dennoch ist seine Wirkung unverändert. Was also ist wohl in diesem Topf? Einmal war es schlicht: Tee

Gute Güte!

Santé!

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