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Über die einfachen Dinge des Lebens

von Nik zu 18. Juni 2008

Manchmal fliegen einen die Dinge einfach so zu. Vielleicht liegt es an dem Umstand, dass man gerade gar keine Zeit hat, sich über Belanglosigkeiten zu ärgern. Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass man genügend Zeit hat, um sich von einem zu laut geführten Gespräch am Nebentisch nicht aus der ausgeglichenen Stimmung bringen zu lassen.

Sospel ist ein kleiner Ort in den französischen Alpen. Sehr malerisch besteht er fast nur aus einer Ansammlung alter Häuser und einer Dorfstrasse längs zum ruhig dahin plätschernden Fluss.

Dem unbedarften Beobachter vermittelt Sospel mit seinen zahlreichen Bistros und Restaurants eine Synthese aus Berglandschaft und mediterraner Lebensart.

Im Schatten weht ein laues Lüftchen und die Geräusche des Ortes versprechen nichts als geruhsame Behaglichkeit um die Mittagszeit.

Manchmal wagen sich einige amerikanische Touristinnen weg aus dem gewohnten Luxus der Hotels an der Küste in diesen Ort. Wie auch diese Beiden: Sie scheinen einem Spielfilm der fünfziger Jahre entsprungen und seitdem so hilflos wie widerwillig dem Alterungsprozess und aller übrigen Umwelteinflüsse ausgesetzt.

Bewaffnet mit ihren Brillanthalsbändern und ihrer italienischen Reiseführerin trauen sie sich in die schlichte Abgeschiedenheit des 25 km entfernten Dorfes, um sich hier fundamental über das Leben unterhalten zu können. Ein Haus an der Küste zu kaufen scheint vielleicht etwas gewagt, denn wer würde Schutz vor den zahllosen Moslems bieten. Schließlich sei man ja als amerikanischer Staatsbürger ein willkommenes Ziel terroristischer Anschläge. Ob es wohl in diesem Cafe auch einen Capuccino ohne Koffein mit Vanillearoma geben könnte?

Die Dolmetscherin versuchte ihr Bestes. Der Besitzers des Bistros – ein breitschultriger Mann mit ausnehmend vielen Tätowierungen und Zahnlücken – verspricht einen vorzüglichen Capuccino und statt des Vanillearomas einen wunderbar aromatischen Wein, der einem schlicht den Atem verschlagen würde.

Die Damen widmen sich wieder ihren Gesprächen rund ums Überleben in einer fremden Kultur und bestellen schnell noch eine Karaffe dieses so wunderbaren Weines, schließlich hat man die erste nicht mit dem Leben bezahlen müssen.

Beim Bezahlen frage ich nach dem Namen des Wunderweins. Der Mann lächelt breit und zeigt mir verstohlen die Flasche. Ein einfacher Landwein, wie er feststellt. Das Etikett mit einem Blümchen geschmückt.

Auf der Weiterfahrt hört ich einen amerikanischen Radiosender, der seinen Zuhörern Häuser an der französischen Küste anpreist: Leben sie ihr Leben sorgenfrei in garantiertem Luxus.

Manchmal besteht das so unfassbare Glück aus einfachem Landwein.

Santé!

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