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Kalter Küchenkrieg

von Nik zu 8. Oktober 2008

Vielleicht haben wir alle im letzten Jahrhundert etwas verpasst. Klar ist, dass es den kalten Krieg zwischen den beiden Systemen gab. Dieses Faktum ist in der Erinnerung so lebendig, wie die Teilung Deutschlands und die Berliner Mauer. Beinahe aber wäre aus dem kalten Krieg etwas geworden, was allen Bewohnern – und nicht nur ein paar Rüstungsunternehmen – der beiden Systeme sehr gut getan hätte: Denn Nixon unterbreitete Chruschtschow 1959 im Rahmen der Amerikanischen Nationalschau in Moskau den Vorschlag, nicht weiterhin die Größe der Raketensprengköpfe als Maßstab des ideologischen Vorsprungs zu nehmen.

In der „Küchendebatte“ eröffnete der damalige amerikanische Vizepräsident dem sowjetischen Premier seinen Vorschlag, doch endlich das Schlachtfeld zu verlagern: weg von den Militärgütern, hin zu den Küchen. Denn wie ließe sich der Erfolg eines Systems besser bemessen, als in Form und Funktionalität seiner Küchen?

Leider aber haben sich die Rüstungsstrategen nicht von ihren führenden Positionen vertreiben lassen. Was wäre das für ein schöner Kalter Krieg geworden: Der Riesenkühlschrank mit eingebauter Eismaschine, die Würfel in Sowjetsternform ins Glas röttert gegen den High Tech Herd, der automatisch Hamburger im Dutzend braten kann. Der Wettkampf der Energy-Drinks, die Essspirale. Das Florida-Fruchteiskommando gegen das Ukrainische-Blinibataillon.

Selbstredend hätte der Sport als Kampf der Systeme ohne Waffen seine Funktion eingebüßt. Mit ihm wären die Sportsendungen gestorben und stattdessen Ess-Leistungsshows in alle Wohnzimmer der Welt übertragen worden. Dazu dann Kohorten von Fachkundigen Ess-Experten, die in verschiedenen System-Kochsendungen die Vorzüge des eigenen Lagers betonen. Pirogi- und Hot Dog-Wettessen. Wodka und Whiskey Kampftrinken. Dann selbstredend der Wettstreit um das beste Rezept gegen den Kater danach.

Vielleicht aber fürchteten die Amerikaner beim Wettstreit um den besten Wein Schiedsrichter aus Frankreich. Schließlich waren die USA in den Hochzeiten des kalten Krieges eine Wüste – weintechnisch gesehen.

Wenn man bedenkt, welche Entwicklung die Weinherstellung in den USA seit Beendigung des kalten Krieges in den letzten knapp zwanzig Jahren hinter sich gebracht hat, muss man der verpassten Chance des kalten Küchenkrieges erst recht eine große Napa-Valley Träne hinterher weinen.

Santé!

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