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Gott & Wein

von Nik zu 9. Dezember 2009

gruenwaldDass dem Wein etwas Göttliches innewohnt, wissen alle, die schon mal einen wunderbaren Wein trinken durften. Nicht zufällig braucht man Wein neben dem Brot, um das Abendmahl zu zelebrieren. Und den Weinberg als Gottes Garten zu bezeichnen hat in dieser Linie nichts Willkürliches, sondern etwas Konsistentes.
Gerade da sich die Theologie mit Wundern und die Vinologie sich mit Geschmack auseinandersetzt, ist es nicht überraschend, wenn diese beiden Handwerke – das des Glaubens und das der Herstellung des Weins – zusammenfinden. Überraschend ist allerdings, dass jemand Theologie studiert, um dann nach Jahren der Arbeit in der Theorie wieder praktischen Boden in der Arbeit der Praxis finden zu wollen.
Richard Grünewald ist diesen Weg gegangen. Nach dem Theologiestudium hat er sich dem Winzerberuf verschrieben und betreibt sein Weingut gradlinig, qualitätsbewusst und mit einer liebevollen Zuwendung zu seinem Produkt: dem Wein.

Auf welche Art hat der Weinbau ihre Jugend beeinflusst?

Ich fühlte mich immer freier als andere Altersgenossen. Durch die Arbeit im Feld war mein Bewegungsradius größer als der von Gleichaltrigen, die mehr in die Zivilisation eingezwängt waren. Ich konnte – auch mich –  mehr ausprobieren. Viele Aufgaben und Herausforderungen mussten einfach angepackt werden, ohne dass jemand Bedenken vorgeschoben hätte. In Summe hat das meine optimistische Grundhaltung wohl geprägt.

Haben sie das Leben also gewissermaßen immer schon durch die Rebe gesehen?

Aufgewachsen bin ich auf einem Bauernhof mit seiner handfesten Arbeit. Da lautet die Devise: „nicht reden, sondern machen“. Weinbau, Reben und die damit verbundene etwas feinfühligere Arbeit kamen erst im Laufe der Zeit dazu.

Liegen Weinbau und Theologie nicht dicht beisammen? Kann man mit Hilfe des Einen das Andere besser verstehen?

Theologie heißt für mich, die Perspektive zu wechseln, vom Alltäglichen zu dem was unter der Oberfläche liegt. Winzer sehen genauer hin, was in der Natur geschieht, welche Aromen sich entfalten und welche Menschen welchen Wein trinken. 
Theologie steht in der Gefahr, zum geschlossene System zu werden, sich abzukapseln, mit eigener Sprache, die kein Außenstehender mehr kapiert. 
Wein-„Päpste“ tun das gleiche, erheben sich über andere und verderben so den unmittelbaren Spaß an einem wunderbaren Geschenk.

Es ist nichts im Verstand, was nicht zuvor in den Sinnen war: wie beeinflusst der Weingenuss unser Denken?

Wein kann verzücken, zum Staunen bringen, das Gemüt erheben. Uns gelassener machen und Abstand zwischen uns und den treibenden Alltag bringen. Bei moderatem Genuss weitet das unseren Blick. Wem wäre nicht schon einmal bei einem Glas Wein aufgefallen, wie sehr er einen anderen Menschen liebt?

Erst durch die Verkostung der Frucht vom Baum der Erkenntnis – also der bewussten Überschreitung des dafür in die Welt gesetzten göttlichen Verbotes – , also mit einer bewussten sinnlichen Erfahrung hebt die menschliche Erkenntnis überhaupt an. Wäre es in diesem Licht und angesichts der kulturgeschichtlichen Erfahrung die wir in der Zwischenzeit gemacht haben, nicht sinnvoll beim modernen Blick auf den Baum der Erkenntnis an eine Weinrebe und ihre gekelterten Erzeugnissen zu denken?

Sie dürfen sich dieses Bild gerne so ausmalen, das haben alle Zeiten getan. 
Ich finde, Empirie schadet nicht: Grenzen müssen getestet, die meisten überschritten werden. Auch wenn wir dabei manchmal entdecken, dass das Gras auf der anderen Seite des Zaunes nicht wirklich grüner ist. Was wiederum kein Unglück ist, denn dann bemerken wir vielleicht, dass wir dem Paradies viel näher sind, als wir dachten.

Santé!

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