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Kriegsküche und Tee trinken

von Nik zu 20. Juli 2011

Fast Täglich ist in den letzten 4 Monaten von den kriegerischen Auseinandersetzungen in Lybien die Rede. Mittlerweile hat man gemerkt, dass Gaddafi nicht einfach aus dem Land zu treiben ist. Auch die täglichen Angriffe der Nato scheinen mehr zivile Menschenleben zu fordern, als militärische Vorteile. Verblüffend ist jedoch, wie schnell sich große Teile der Bevölkerung bewaffneten, um dem Aufstand gegen die Führung des Landes Geltung zu verschaffen.

Waffen sind jedoch nur die eine Seite eines für westliche Augen relativ spontan sich entspannenden Aufstandes. Sicherlich wird es in den letzten Jahren zu vielfältigen Vernetzungen der Regimegegner gekommen sein. Was jedoch überrascht, ist die Logistik der Versorgung. Wie schafft man es, über 10.000 Menschen – die bis vor kurzer Zeit noch ganz bürgerlichen Berufen nachgingen, bevor sie sich entschieden haben, ihre Ideen mit der Waffe in der Hand umzusetzen – mit mehreren Mahlzeiten zu versorgen, täglich?

Fahmi Radschab hat bis zum Beginn der Revolution in einem der großen Hotels in Benghasi als Koch gearbeitet. Jetzt leitet er im Garten eines ehemaligen Restaurants die größte Küche Lybiens. Mehr als 100 Menschen arbeiten hier ehrenamtlich, um die Aufständischen an der Front mit warmen Mahlzeiten zu versorgen. Die Tage beginnen lange vor Sonnenaufgang. Die Lebensmittel müssen auf dem Markt besorgt, die Freiluftküche gesäubert und die 60 großen Kochtöpfe mit Gas versorgt werden. Dabei ist es der Ehrgeiz aller Beteiligten, dass dieses Unternehmen logistische reibungslos abläuft.

Weit mehr als 10.000 Mahlzeiten müssen gekocht, einzeln verpackt und dann an die unterschiedlichen Stellungen an die Front geliefert werden. Dabei wird auf einen möglichst abwechselungsreichen Speiseplan Wert gelegt. Das gesamte Unternehmen speist sich ausschließlich aus Spendengeldern, mit denen auch der Tee gekauft wird. Denn allein die Speisen, die Halal, also gemäß der muslimischen Speisevorschriften zubereitet werden, reichen für die Kämpfer nicht aus. Gerade jetzt, wo die Fronten zwischen den Kriegsparteien sich verhärten, bleibt neben dem Essen zuweilen nichts anderes übrig, als einfach abzuwarten und Tee zu trinken.

Santé!

 

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