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Paranoia – Essen unter Verfolgungswahn

von Nik zu 27. Juli 2011

Shutter Island“ ist Martin Scorseses filmischer Beitrag zum Thema einer ins Extrem gesteigerten Paranoia. Dabei gelingt es dem Regisseur, die Zuschauer selbst in die Lage des Kranken zu versetzen. Alles, was sie erleben ist schon Teil der paranoiden Phantasmagorie. Erst spät müssen sich die Zuschauer eingestehen, dass sie sich haben täuschen lassen. Aus der „whodunit“ Perspektive taucht auf einmal die der Gesunden als feindliche Perspektive auf. Erst jetzt wird der Zuschauer damit konfrontiert, dass er alle Überlegungen aus der Perspektive des paranoiden Hauptdarstellers heraus angestellt haben.

Dies ist sicherlich ein Grund dafür, dass dieser Film von so manchem getäuschten narzisstischen Filmkritiker kein gutes Zeugnis erhielt, obwohl der Film selbst gerade durch diese Grundidee überzeugt und sicherlich zu den am besten strukturierten Filmen des amerikanischen Regisseurs zu zählen ist.

Was jedoch von jeglicher Kritik unbeleuchtet blieb: das Essen im Film findet nicht statt. Abgesehen von mehreren klaren Hinweisen, die der Regisseur streut, wäre dies das eindeutigste Symbol dafür, dass hier etwas nicht stimmen kann. Denn wenn man den Paranoiden mit Nahrung konfrontiert, wäre der sorgsam arrangierte Plot aus den Fugen geraten. Hier hätten die Zuschauer gemerkt, dass sie die paranoide Sicht des Hauptdarstellers teilen. Philosophisch betrachtet stellt die Einverleibung von Speisen bei extremer Paranoia ein interessantes Phänomen dar. Wie kann der Kranke dem Braten trauen? Muss er nicht in permanenter Angst leben durch die Nahrung, die er zu sich führt, vergiftet zu werden? Oder wird genau dieser Teil der bedingungslosen Teilnahme am zwischenmenschlichen Verhalten aus der Wahnvorstellung ausgeblendet?

Von Kleopatra ist überliefert, dass sie selbst keine Speisen anrührte, die nicht zuvor von ihrem Vorkoster getestet worden waren. Auch von anderen Herrschern ist diese Technik bekannt, allerdings lässt sich hier nicht unbedingt eine Paranoia attestieren, waren sie doch einer realen Gefahr durch vergiftetes Essen ausgesetzt.

Welche Trinkgewohnheiten hat ein Mensch, der unter Paranoia leidet? Sind sie auffällig? Nimmt er z.B. nur speziell gefiltertes Wasser zu sich?Vielleicht könnte auch die Untersuchung der Eßgewohnheiten von Anders Behring Breivik, der am vergangenen Freitag in Oslo dieses verheerende Attentat und den anschließenden Massenmord verübte Rückschlüsse auf dieses Phänomen zulassen.

 

Santé!


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