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3. Nov 10

Schweizer Käse

von Nik

Mein Erweckungserlebnis hatte ich mit 14 Jahren. Damals fuhr ich zum 1. Mal in die Schweiz, genauer gesagt nach Graubünden. Ich hatte keine Vorstellung von dem, was mich da erwarten sollte, fand aber das Panorama der steil aufragenden Berge, die plötzlich unseren Weg flankierten atemberaubend. Es ging zu einem Urlaub, genauer zu meinem ersten Sommerurlaub auf einem Berg.

Wir verbrachten mehr als 2 Wochen in der Abgeschiedenheit einer Alm. Die Kühe schauten morgens in unser Fenster rein und abends konnten wir die frische Milch trinken, die so wunderbar nach den Kräutern der Wiese schmeckte. Zu dieser Zeit mochte ich keinen Käse. Zu Hause gab es Gouda in Scheiben und etwas Schlimmes mit einem Champignon auf der Verpackung drauf. Insofern war mein Respekt groß, als der Senn bei unserer ersten Begegnung ein großes Stück Käse von einem riesigen Laib schnitt und mir mit seinen wuchtigen Fingern unter die Nase hielt. Von dem, was der Mann mir auf Räteromanisch erzählte, verstand ich kein Wort, aber unter seinem Bart strahlten mich seine Augen so an, dass ich nicht anders konnte, als zuzugreifen. Hier oben, dem Himmel um zweitausend Meter näher probierte ich diesen Käse und verliebte mich in diesen neuen herrlichen Geschmack nach Kräutern, Milch und Wohlgefallen.

Jetzt endlich liegt das erste Standardwerk zum Schweizer Käse vor. weiterlesen …

27. Okt 10

Chefsache

von Nik

Junge Menschen bringen manchmal eine Menge zusammen, besonders wenn sie in die Jahre kommen und sich immer noch nicht um ihre Altersvorsorge kümmern.“ Schrieb ich im vergangenen Jahr in der Einleitung eines wunderbaren Buches über die Kunst der Einseitigkeit.

Nicht minder scheint diese Aussage auf das Trio Kulinaris zuzutreffen. Denn Ralf Bos, Jürgen Dollase und Thomas Ruhl geben nicht nur regelmäßig preisgekrönte Bücher heraus, verfassen wegweisende Artikel rund ums Kochen und die Probleme der Gourmandise, spüren nicht nur neue Kochtrends auf und publizieren die wahrlich einzigartige kulinarische Zeitschrift „Port Culinaire“, sie sind zudem die Hauptinitiatoren der „Chefsache“.

Oberflächlich betrachtet arbeiten diese Menschen also sehr einseitig auf dem harten und unzugänglichen Feld des Geschmacks. Doch sie unternehmen es auf eine solch vielschichtige und elegante Weise, dass auch den flüchtigen Betrachter klar wird, dass man über Geschmack nicht nur streiten, sondern vor allen Dingen eine Menge lernen kann und das vor allen Dingen täglich.

Die 2. Auflage der Chefsache fand am 24. Und 25. Oktober im Kölner E-Werk statt. Hier versammelten sich über 1.000 Besucher, um den Ausführungen der Initiatoren, mehr aber noch, den Präsentationen der Spitzenköche zu folgen. Dabei gelang es vor allen Dingen 2 Stars aus diesem Feld, das Publikum mit ihren Ausführungen in Bann zu schlagen. weiterlesen …

20. Okt 10

Umfassendes Alkoholverbot – Teil 2: Der Untergang des Abendlandes

von Nik

Was nun nach der Einführung des umfassenden Rauchverbotes in den Planungsabteilungen in Brüssel längst auf dem Tisch liegt, ist ein umfassender Plan zur Einführung eines kompletten Alkoholverbotes. Alleine aus Gründen der Senkung der Kosten im Gesundheitswesen hat man diesen Plan schon lange in Betracht gezogen. Dabei waren die Bedenken allerdings erheblich höher als bei der Einführung des Rauchverbotes, welches auch nicht total, sondern lediglich für öffentliche Räume gilt. Rauchen darf man ja immer noch unter freiem Himmel, im Auto und der eigenen Wohnung, was statistische gesehen fast überall ist, halt mit der Ausnahme von geschlossenen Räumen, die einem nicht selber gehören. weiterlesen …

13. Okt 10

Umfassendes Alkoholverbot – Teil 1: Der Untergang des FCB

von Nik

korkenzieherJa, man hätte es sich denken können. Aber nach dem plebiszitären „R-Aus“ für Raucher aus bayerischen Gaststätten, zeichnet sich nun im Zeichen der Volksgesundheit ein neues Verbot am gesellschaftlichen Horizont ab.

Dabei hätte alles noch schlimmer kommen können, wenn man nur die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkannt hätte. Schließlich sind wir stolz auf unsere abendländische Kultur, die immerhin für sich verzeichnen kann, die Wiege der Aufklärung zu sein. Insofern haben wir auch nichts gemein mit unkulturellen Untrieben, wie sie im Rest der Welt zu verzeichnen sind. Hier bei uns werden keine Buddahstatuen gesprengt, wie es einst vormittägliches Vergnügen der bärtigen Taliban in Afghanistan gewesen ist. Auch verlangen wir nicht von unseren Frauen, dass sie sich freiwillig in ein Tuch wickeln, welches ihren ganzen Körper einschließlich ihres Gesichtes verhüllt. Und erst recht sind wir stolz darauf, dass unsere Getränke Teil unserer Kultur sind. Denn schließlich wäre die Antike Philosophie, beginnend beim Symposium – was ja lediglich die antike Bezeichnung für ein alltagssprachliches Besäufnis ist – ohne das Kulturgut Wein und seine anregende Wirkung nicht zu denken. weiterlesen …

1. Okt 10

Plan B – Die Entdeckung eines Bestsellers

von Nik

bestseller_mitbanderoleDie Aufmachung dieses Buches ist anders. Ein bibliophiler Mensch spürt schon bei der ersten Berührung, dass dies kein gewöhnliches Buch ist. Und sobald man den Buchdeckel lüftet, springt einen der Ich-Erzähler förmlich entgegen. Trotzdem lese ich im ersten Moment – so wie ich es mir seit Jahren zur Gewohnheit gemacht habe – lediglich die ersten Zeilen. Denn ich möchte die Stimmung des Beginns der Lektüre in mich aufnehmen, um seine Resonanz in Ruhe schwingen lassen zu können.

Es ist ein perfekter Moment dafür. Draußen regnet es in Strömen. Das Licht habe ich arrangiert, wie man es aus Woody Allen-Filmen kennt: Sehr viele Lichtquellen, keine zu grell, alles sehr gemütlich. Dazu dringen aus den unsichtbaren Boxen die Klänge von Django Reinhardt, sein Minor Swing breitet sich wie eine leicht wehende Decke über den Raum.

Ich lese. Der Nachhall des ersten massiven Satzes erinnert mich an Schokolade und Vanille. Es liegt etwas spielerisch Direktes in dieser Eröffnung. Obwohl sie so leicht zu lesen ist, entfaltet sie ein tiefes und würziges Aroma. Verblüffend, dass der Beginn eines Romans einschlägt wie ein fruchtig würziger Aromenakkord. Anscheinend will der Protagonist, der so vollmundig als erstes Wort „Ich!“ sagt, mich vereinnahmen. Diese Präsentation wirkt wie ein raffiniertes Spiel in mir nach. weiterlesen …

29. Sep 10

Kant war alleine

von Nik

Philosophen werden auch heute noch gerne wie Heilige vorgestellt. So, als wäre Denken jenseits von Genuss angesiedelt. Allerdings ist wohl das Gegenteil der Fall. Erst die sinnlichen Eindrücke regen den Verstand an. Betrachtet man den Einfluss, den Frauen auf die großen Denker des Abendlandes ausgeübt haben, dann erkennt man, dass er sicherlich nicht unerheblich war, auf der anderen Seite aber auch, dass man gar nicht sehr viel darüber weiß.

Man sollte es kaum glauben, aber von den Denkern, die nicht der katholischen Kirche zuzurechnen sind, und insofern andere Lebensformen als die mit einer Frau an ihrer Seite wählten, gibt es nur wenige, die keine Lebenspartnerin hatten. An diese Stelle wäre zunächst Ludwig Wittgenstein als – zu seiner Zeit ein sehr mutiges Statement – bekennender Homosexueller zu nennen. Von den anderen Geistesgrößen wissen wir, mit Ausnahme von Honore de Bergerac der sich ebenfalls vom gleichen Geschlecht angezogen fühlte, fast ausnahmslos, dass sie mit Frauen an ihrer Seite lebten und mit diesen zum Teil auch gedanklich sehr eng verbandelt waren. Es waren also nicht einfach Musen, welche die Denker anregten, sondern durchaus Partnerinnen in Gespräch und Diskussionen. weiterlesen …

22. Sep 10

Nicht schon wieder Essen!

von Nik

nicht-essen1Essen ist nicht nur eine biologische Notwendigkeit, es ist für uns Bewohner der modernen westlichen Gesellschaften derart kulturell überformt, dass wir im Essen gesellschaftliche und vor allem familiäre Akte des Austausches erkennen. In dem wir der Notwendigkeit nachkommen, uns Nahrung zuzuführen, gehen wir einen gesellschaftlichen Austausch ein, der uns darüber belehrt, dass wir – bei aller gesellschaftlicher Betonung der Individualität – eingebettet sind in einem mitmenschlichen Kontext. Beginnend bei der Fütterung des Kleinkindes und Endend bei der künstlichen Ernährung des sterbenden Greises.

So verwundert es nicht, dass namhafte Schriftsteller über die Jahrhunderte hinweg dem Essen und dem Gespräch bei Tisch, mehr aber noch den auffälligen Gesten, die das Zusammensein rund um die Tafel bedeutungsvoll begleiten, gleich ganze Kapitel gewidmet haben. weiterlesen …

14. Sep 10

Meeres-Zeit

von Nik

welle-150x1501Wenn man mal den Kopf frei bekommen will, sollte man an die Küste fahren. Am besten an einen Ort, der nicht von Häusern oder Menschen verstopft ist, denn diese beschweren die Befreiung des Kopfes vom Alltäglichen.

Dazu sollte man sich ein Stück am Meer aussuchen, welches einen mit Dünen, Sand und hohen Wellen innerhalb einiger Stunden so richtig aus der Zeit kickt. Denn liegt man erst einmal dem Rauschen der Brandung und den Sonnenstrahlen ausgesetzt im weichen Sand, dann verlieren sich nicht nur Raum und Zeit, sondern auch die meisten Bedürfnisse der modernen Zivilisation. Nirgendwo wird man direkter Zeuge vom Werden und Vergehen als an den zeitlos anmutenden Grenzen zwischen Land und Meer, diesem eher zauberhaften als geheimnisvollen Übergang von Fest in Flüssig, der einen geistig schwebend macht. weiterlesen …

8. Sep 10

Trüffeln

von Nik

Trueffeln Jetzt ist es endlich raus: Das neue Buch von Jean-Marie Dumaine und mir. Es beschäftigt sich mit Trüffeln. Dabei rücken wir diesen edlen Pilzen aus kulinarischer, historischer und aus regionaler Sicht zu Leibe. Denn wer weiß heute noch, dass Deutschland gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu den Ländern gehörte, die Trüffeln exportierten? Das einheimische Trüffel-Wissen war damals so gefragt, dass sogar ein Deutsches Trüffelfachbuch binnen weniger Jahre in verschiedene Sprachen übersetzt wurde. Mittlerweile scheint es in Vergessenheit geraten zu sein, dass man in Deutschland überhaupt Trüffeln finden kann.

Vor einigen Jahren fand Jean-Marie Dumaine zusammen mit seinem Hund Max an der Ahr Trüffeln und beschloss diesen Fund zur Grundlage eines Buches zu machen. Nun liegt der sehr schöne Band vor. Versammelt sind hier über 60 Trüffelgerichte von Vorspeise bis zum Dessert. Abgebildet sind diese kulinarischen Kunstwerke durch wunderbare Fotos von Andreas Thumm und sensationelle Bilder der Trüffelsporen von Karin Luer und Frank Krajewski.

Landläufig geht man immer noch davon aus, dass Trüffeln in einer Region südlich der Alpen in Frankreich und Italien zu Hause sind. Die Texte im Buch bringen einem die Geschichte dieses Pilzes jenseits dieses Trüffeläquators näher. weiterlesen …

1. Sep 10

Russisch für Genießer

von Nik

gold-bottleManches Mal betrachten wir Deutschen die Russen ja ziemlich neidisch. Diese Russen können feiern, trinken und haben dabei auch noch einfach unverschämt gute Laune. Russische Autoren stehen bei uns spätestens seit dem Aufkommen des Kommunismus hoch im Kurs. Doch auch nach der Beendigung dieser vom historischen Materialismus anders vorhergesagten Ära und dem Zerfall der Sowjetunion war unser Interesse an russischer Kultur und russischen Autoren ungebrochen. Sehr schön ist es, wenn wir dabei auf Russen treffen, die hier in Deutschland wohnen und uns erzählen, dass sie sich bei uns sehr wohl fühlen, da sie die Art der Deutschen im Allgemeinen und auch im Besonderen sehr mögen.
Wladimir Kaminer der – kaum sprach sich rum, dass die Zeiten des real existierenden Sozialismus nun auch in Moskau tatsächlich vorüber und damit Geschichte sind – sich nach Berlin aufmachte, erkannte die Liebe der Deutschen zu den Russen und machte es sich zur Aufgabe, den Deutschen das russische Wesen in zahlreichen Glossen, Kolumnen und Büchern näher zu bringen. Dabei unterlässt es dieser vielseitige Autor natürlich nicht, seinem deutschen Publikum öfter Mal einen russischen Bären aufzubinden. Aber genau danach verlangen wir ja auch insgeheim. weiterlesen …