Koch-Theorie
„Das Wetter war herrlich. Schmetterlinge überwachten den Luftraum.“ Damit ist eigentlich alles gesagt über eine Zeit bei der Bundeswehr. Eigentlich. Wäre der Mann, der hier aus seinem Leben berichtet, nicht ein begnadeter Koch und schon vor seiner Dienstzeit in Olivgrün ein gelernter Mann in Kochuniform. Das Manöver findet nicht wirklich statt, denn die gesamte Mannschaft wartet auf die Verpflegung. Einzig die Besatzung des Panzers von Vincent Klink plagt kein Bauchgrummeln. Vielmehr wird hier zwischen Granaten und Schmieröl ein Risotto nach den klassischen Regeln der Kunst gekocht, auf dass sich der sonst so überhebliche Vorgesetzte auch eine Portion erbittet.
Was hier geschieht ist nicht einfach das Erzählen einer Biographie. Klink, selbst lange noch nicht im Rentenalter, hat einfach gemerkt, dass er aus seinen Erlebnissen eine spannende Geschichte zu formen vermag. Er strukturiert sie lediglich entlang seines bisherigen Lebens. Denn schließlich ist sein Blick nicht auf den eigenen Bauch oder den eigenen Herd gerichtet. Nein, Klink versteht es mit leichter Hand das Szenario der 60iger und 70iger Jahre aufziehen zu lassen und beschreibt sich dabei als Kind seiner Zeit. Er erzählt von den Stationen seiner Ausbildung, von dem was er am Herd, mehr aber noch, was er neben dem Herd von seinen Ausbildern lernen konnte. weiterlesen …
Essayistische Kochtheorie
Es ist ein Buch, das aus dem Rahmen fällt. Damit ist weniger sein Format, als sein Inhalt gemeint. Denn was der Autor hier in wenigen Seiten auf die Beine stellt, würde bei weniger analytisch klugen Köpfen, eine mehrbändige Abhandlung und damit Meter an Bücherregal füllen.
In sechs Essays beschäftigt sich André Thiele mit dem Phänomen, dass eine Welt in Scherben liegt. Dabei ist stets ein Gebilde zerstört. Sei es das eigene Vieh nach einer verheerenden Überschwemmungskatastrophe, die leicht hätte verhindert werden können, wäre nur das Kapital nicht anderer Ansicht gewesen – wobei wir in diesem Beispiel des Hinrich Janssen, der sich in einer wahren Sisyphosarbeit für eine Verbesserung der Deiche am Jadebusen einsetzte und dabei die betonharte Mauer der gewerblichen Raffgier der zuständigen Beamten nicht zu unterspülen vermochte von einer Situation reden, die uns aktuell erscheint und zugleich über 300 Jahre alt ist. Sei es das Aufspüren des vergessenen Aufklärers Saul Ascher, der sich zeitlebens viele Feinde machte, da er kategorisch für die Sache des Geistes, des vernünftigen Staates und also gegen Deutschtümelei eintrat. Kein Wunder, dass dieser Mann über 150 Jahre in Vergessenheit geriet. weiterlesen …
Süt – Milch Ein Filmereignis
Milch ist sicherlich das Symbol für kulturelles Leben. Wasser beschreibt das Symbol des biologischen Lebens, während die Milch neben dem nährenden Getränk die Notwendigkeit sozialer Fürsorge für ein Baby darstellt. Ohne Milch würde kein Mensch heranwachsen können, denn mit Milch ist nicht nur die Nahrung gemeint, sondern vielmehr noch die zwischenmenschlichen Beziehungen die durch sie vermittelt werden.
Nicht umsonst war das Glas Milch für Hitchcock immer wieder ein Symbol für Gefahr. Denn das Vertraute beherbergt nur allzu oft das Unheimliche. So ist es auch kein Wunder, dass „Süt-Milch“ mit dieser Ambivalenz spielt, wenn er in der ersten Einstellung direkt das Archaische und das Heilsbringende der Milch in Szene setzt. weiterlesen …
In Vino Veritas
Die Wahrheit liegt im Wein. Eine Weisheit, die nicht nur für den All- oder Feiertag gilt, sondern besonders auch für Kunstwerke. Denn schließlich öffnet der Wein nicht nur die Zunge, er entfaltet seine Geheimnisse erst, wenn man die Möglichkeit hat, ihn genauer zu studieren –nicht nur mit der Zunge, oder der Nase, sondern auch mit den Augen. Beim Wein ist es wichtig, unter seine Oberfläche zu blicken.
Erst kürzlich wurde mit Hilfe der „Multispektral-Reflektografie“ in einem Gemälde des Frühbarocks eine Aufsehen erregende Entdeckung gemacht. Denn diese neuartige Methode ermöglicht es mit Hilfe einer feinoptischen Kamera und spezieller Lasertechnik hinter die äußeren Farbschichten eines Gemäldes zu schauen. So können überpinselte Details des Originals wieder zum Vorschein gelangen – oder wie im hier vorliegenden Fall – überhaupt erst ins Auge des Betrachters springen. weiterlesen …
4 Äpfel
Wie kann man das moderne Leben in der Großstadt am besten beschreiben? David Wagner unternimmt mit seinem Roman „Vier Äpfel“ den Versuch, das Leben kulinarisch in den Griff zu bekommen. Sein Roman spielt in der Zeit eines einzigen Supermarkteinkaufs. Was sich dort alles im Kopf des Protagonisten ereignet, ist ein Spiegelbild der Konsumgesellschaft, ihrer heimlichen Verführungen und dem leicht melancholischen Gefühl der Leere, das sie im Individuum so oft scheinbar wett zu machen versucht, wie sie es stets als neuen Kaufstimulanz wieder erzeugt.
„Lange bin ich gar nicht gerne in Supermärkte gegangen.“ Hebt der Roman an, heute aber werden vier Äpfel auf die Kundenkontrollwaage gelegt und ergeben ganz genau 1000 Gramm. Das alter ego des Autors ist verblüfft, wie konnte es gelingen wirklich eine solch glatte Zahl bei der Auswahl von Äpfeln hinzubekommen, es scheint ein formidabler Einkaufsbummel durch den bekannten Supermarkt zu werden, schließlich muss man noch nachsehen, ob die Kassiererin, in die man sich schon vor ungezählten Einkäufen heimlich verliebt hat, immer noch ein solch gewinnendes Lächeln aufsetzen kann und was alles in der Fisch- und Fleischabteilung angeboten wird. weiterlesen …
Lebensmittel
Wir alle kennen das Problem: künstliche Geschmacksverstärker, naturidentische – also eben keine natürlichen – Aromen und Zusatzstoffe, die nicht kennzeichnungspflichtig sind. Jetzt auch noch die Warnung vor Nano-Partikeln in Lebensmitteln: Winzig kleine Teilchen, die zum Beispiel verhindern, dass Schokolade ihre Farbe verändert, oder in der Sonne schmilzt. Allerdings stehen Nano-Partikel im Verdacht, überaus krankheitserregend zu sein. Das grundlegende Problem hier wie insgesamt beim Einkauf ist folglich: wie kann man sich vor diesen Zusatzstoffen in der Nahrung schützen? Schließlich gibt es nicht auf allen Ebenen eine umfassende Kennzeichnungspflicht. Was kann man im Supermarkt beruhigt kaufen, was sollte man am besten liegen lassen um sich, seine Freunde und seine Familie nicht künstlich krankmachend zu ernähren?
Das neue Buch von Michael Pollan gibt da einige praktische Anweisungen, die sich als Faustregel bei jedem beliebigen Supermarktbesuch beherzigen lassen. Einziges Problem: ihr Einkaufszettel wird sich drastisch ändern. weiterlesen …
Gott & Wein
Dass dem Wein etwas Göttliches innewohnt, wissen alle, die schon mal einen wunderbaren Wein trinken durften. Nicht zufällig braucht man Wein neben dem Brot, um das Abendmahl zu zelebrieren. Und den Weinberg als Gottes Garten zu bezeichnen hat in dieser Linie nichts Willkürliches, sondern etwas Konsistentes.
Gerade da sich die Theologie mit Wundern und die Vinologie sich mit Geschmack auseinandersetzt, ist es nicht überraschend, wenn diese beiden Handwerke – das des Glaubens und das der Herstellung des Weins – zusammenfinden. Überraschend ist allerdings, dass jemand Theologie studiert, um dann nach Jahren der Arbeit in der Theorie wieder praktischen Boden in der Arbeit der Praxis finden zu wollen.
Richard Grünewald ist diesen Weg gegangen. Nach dem Theologiestudium hat er sich dem Winzerberuf verschrieben und betreibt sein Weingut gradlinig, qualitätsbewusst und mit einer liebevollen Zuwendung zu seinem Produkt: dem Wein. weiterlesen …
Meng Kichen – Die Küche Luxemburgs
Warum eigentlich ist die Küche Luxemburgs bei uns so wenig bekannt, ja im kulinarischen Bewusstsein sogar unterrepräsentiert? Gewiss, die Meisten von uns werden Lea Linster, die erfolgreiche Fernsehköchin mit den netten Lächeln und dem wunderbaren Akzent kennen. Aber von dieser charmanten Frau auf die Küche Luxemburgs zu schließen ist für uns fast undenkbar.
Vielleicht liegt es daran, dass wir mit Luxemburg eher eine Steueroase, als eine kulinarische Offenbarung assoziieren. Es wird Zeit, dass sich das ändert. Denn unser kleiner Nachbar Luxemburg verfügt nicht nur über eine herrliche Landschaft, sondern vor allem über eine große Küche. weiterlesen …
Eat Art
Was ist das Kochen? Kunst oder Wissenschaft? Eine Frage, die die Aufklärung umtrieb und bis heute nicht abschließend beantwortet ist. Denn was ist der Koch? Ein Künstler? Ein Wissenschaftler? Oder doch nur ein einfacher Handwerker? Auch wenn die Avantgardküche die Vermutung nahe legt, einen Koch in die Reihen der Wissenschaft zu plazieren, so möchten klassische Wissenschaftler noch immer nicht gerne mit einem Koch gleichgesetzt werden. Die Feststellung, das Kochen eine Kunst ist, gehört leider immer noch nicht zum Allgemeingut. Insofern wird es Zeit, dass in Düsseldorf eine Ausstellung eröffnet wird, die sich ganz in der Tradition des großen Künstlers Daniel Spoerri bewegen will. weiterlesen …
New Yorker Koch-Lust
Der New Yorker weiß immer wieder zu überraschen. Seit Jahrzehnten gilt diese Zeitschrift als intellektuelles Aushängeschild der Vereinigten Staaten. Hier wird gerne scharfzüngig geschrieben, heftig polemisiert und geschliffen argumentiert. Wer im New Yorker schreibt, so heißt es, hat es geschafft. Umgekehrt ist diese Zeitschrift derart nah am Puls der Zeit, dass auch jedes Thema, das es in den New Yorker schafft, es wert ist, eingängiger betrachtet zu werden. So ist es nicht verwunderlich, dass sich der New Yorker dem Essen zuwendet. Die neueste Ausgabe ist mit kulinarischen Spitzfindigkeiten prall gefüllt.
Was macht man eigentlich, wenn man professionell essen geht? Wenn man also das, was andere genießen, selbst zu testen hat? weiterlesen …